Insolvenzanfechtung

Die Intention des Gesetzgebers bei Einführung der Insolvenzordnung ist eindeutig und vom Grundsatz her zu begrüßen:

Das Insolvenzverfahren dient im Gegensatz zur Einzelzwangsvollstreckung dazu, dass nicht nachrangige Insolvenzgläubiger anteilsmäßig gleich aus der Insolvenzmasse befriedigt werden.

Erhält ein Gläubiger im Vorfeld eines späteren Insolvenzverfahrens einen Sondervorteil, ist er verpflichtet, diesen erlangten Sondervorteil an die Insolvenzmasse herauszugeben.

Im Laufe der Jahre haben Insolvenzverwalter, insbesondere gegenüber Lieferanten, Zahlungen angefochten, die diese von der späteren Insolvenzschuldnerin erhalten haben. In einer Vielzahl von Fällen hatten die Lieferanten auf Wunsch ihres Kunden ausstehende Zahlungen gestundet, die dann im Rahmen einen Stunden bezahlt wurden. Durch dieses Entgegenkommen haben Lieferanten dem Kunden erst die weitere wirtschaftliche Tätigkeit ermöglicht.

Anfechtbar sind diese Zahlungen durch den späteren Insolvenzverwalter nach § 133 InsO dann, wenn der Kunde (= späterer Insolvenzschuldner) in der Absicht gehandelt hatte, die anderen Gläubiger zu schädigen und der Lieferant diese Gläubigerschädigungsabsicht seiner Kunden kannte. Da es sich bei der Absicht zur Schädigung und der Kenntnis beim Lieferanten um subjektive (= innere Umstände) handelt, hat der Bundesgerichtshof in den letzten Jahren eine Vielzahl von Indizienketten entwickelt, die sich auf objektive Umstände stützen.

Die bloße Bitte um Ratenzahlung indiziert die Zahlungseinstellung beim Kunden, wenn sie sich nicht im Rahmen der Gepflogenheiten des Geschäftsverkehrs hält. Handelt es sich bei dem späteren Insolvenzschuldner um einen Unternehmer wird indiziert, dass der Lieferant auch Kenntnis davon hat, dass der Kunde auch fällige Verbindlichkeiten bei anderen Geschäftspartnern hat. Leistet der Kunde nun auf die Ratenzahlungsvereinbarung (regelmäßig) Zahlungen, so bedeutet dies nicht automatisch, dass die Kenntnis des Lieferanten von der (drohenden) Zahlungsunfähigkeit des Kunden beseitigt ist. Die einmal eingetretene (drohende) Zahlungsunfähigkeit wirkt grundsätzlich fort. Der Lieferant muss vielmehr darlegen und beweisen, dass der Kunde auch den wesentlichen Teil seiner übrigen Verbindlichkeiten bedienen kann. Diesen Nachweis kann der Lieferant kaum erbringen, da er grundsätzlich keinen Einblick in die internen Vorgänge des Kunden hat.

Erschwerend für die Lieferanten ist zudem, dass der Insolvenzverwalter Zahlungen bis zu 10 Jahren zurückfordern kann.

Der Gesetzgeber hat versucht, die Möglichkeiten der Anfechtung, insbesondere von Zahlungen des später insolventen Kunden an seinen Lieferanten, einzuschränken. Diese Änderungen sind am 05.04.2017 in Kraft getreten. Dies bedeutet, dass für alle Insolvenzverfahren, die vor dem 05.04.2017 eröffnet worden sind, es bei der bisherigen alten Rechtslage bleibt.

Ansprüche aus Insolvenzanfechtung verjähren grundsätzlich nach drei Jahren nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens, und zwar jeweils am 31.12.

Die alte Rechtslage betrifft derzeit somit noch alle Insolvenzverfahren, die im Jahr 2015 eröffnet worden sind.

Der Insolvenzverwalter kann daher bis 31.12.2019 Zahlungen nach § 133 Abs. 1 InsO anfechten, die schon am 01.01.2009 (!) erfolgt sind. Gerade zum Jahresende machen Insolvenzverwalter auch im Hinblick auf drohende Verjährungen vermehrt Ansprüche aus Insolvenzanfechtung geltend. Hierbei wird den Anfechtungsgegners oft nur eine kurze Frist zur Zahlung gewährt mit dem Hinweis, dass die Ansprüche dann unverzüglich gerichtlich geltend gemacht werden und die Anfechtungsgegner dann auch noch die relativ hohen Verfahrenskosten zu tragen hätten.

Tipp

„Wir helfen Ihnen, wenn der Insolvenzverwalter zum Teil hohe Forderung aus Insolvenzanfechtung mit dem Hinweis auf die an sich eindeutige Rechtslage gegen Sie geltend macht. Wir kennen die Tricks der Insolvenzverwalter.“

Rechtsanwalt Martin Wagner